Wie die Überschrift durchklingen lässt, muss beim Verfassen des Matchberichts für die Auswärtstournee zum SV St. Stephan eine Portion Sarkasmus erlaubt sein. Zunächst einmal zu den nackten Zahlen: Die Kreisliga A – Auswahl des RSV Germania 03 war im Griesheimer Stadtteil mit Ausnahme der Anfangsphase nicht wettbewerbsfähig und wurde im 1:13-Maßstab nach allen Regeln der Kunst vorgeführt.

 

Wie tief die germanische Signifikanz in den Keller abgesackt ist, machten die vor dem Anstoß auf der kleinen, aber schmucken Tribüne des Kunstrasengeläufs verkündeten Resultatsprohezeiungen der St. Stephaner Veteranen erbarmungslos deutlich. Lediglich die Höhe des Heimdreiers stand zur Debatte und anders als Mohammed, der ja bekanntlich vom Fußballspielen nichts versteht, sollten die SVS-Gründerväter richtig orakeln.

 

Das seit Wochen nicht zu kittende germanische Personaldilemma gipfelte indes in der nächsten Alarmstufe. Im zehnten Saisonmatch hütete bereits der vierte verschiedene Torhüter den blau-weißen Kasten und bezüglich des Plans, die Defensivabteilung etwas sattelfester zu gestalten, stellte sich Thomas Opper zur Verfügung.

 

Unabhängig vom drohenden Einschlagstakkato eine idealistische Aktion, vor der man den Hut ziehen muss, denn der AH-Spieler feiert in drei Wochen das 57. Wiegenfest (!). Seine letzten Einsätze im blau-weißen Erstmannschaftstrikot verzeichnete Opper zwischen 1988 und 1990, als die Herausforderer noch FV Bad Vilbel oder Sportfreunde Seligenstadt hießen.   

 

Opper stand eine Halbzeit seinen Mann. An ihm lag es sicher nicht, dass sich die Jungs von Trainer Manu Meixner bis zum Seitenwechsel neun Gegentore einfingen. Dabei mischte der Rasensportverein zu Beginn ordentlich mit, tauchte einige Male nicht ungefährlich im SVS-Sechzehner auf und besaß nach dem frühen 0:1 sogar eine XXL-Chance zum Ausgleich, aber Ex-Germane Maxwell Kögler wehrte den von Michael Azevedo abgeschickten Schuss zur Ecke ab.

 

Nach dem zweiten Peitschenhieb (14.) brach jedoch das ohnehin sehr wacklig aufgebaute  Kartenhaus zusammen. Hanebüchene Abwehrpatzer luden den Platzhirsch praktisch im Minutentakt ein, sein Torkonto aufzustocken. Vor allem bei den Absicherungsversuchen gegen den agilen Stürmer Philipp Root standen die RSV-Recken wie verwurzelt im Nieselregen und waren mit ihrem Latein am Ende.

 

Genau einen Monat zuvor kassierte die Germania beim benachbarten Sportclub (also auf der exakt der SVS-Heimat gegenüberliegenden Sportanlage des Griesheimer Südrings) die höchste Nachkriegsniederlage (0:13). Zur „Verbesserung“ des Negativrekords verfügte die St. Stephaner Elf noch über zwanzig Minuten Zeit, konnte trotz weiteren glasklaren Einschweißmöglichkeiten aber den Lokalrivalen nicht mehr übertrumpfen. Im Gegenteil: Kurz vor dem Kehraus schädelte Michael Azevedo den Ball perfekt ins lange Eck und vermasselte dem jetzt achtmal hintereinander siegreichen SVS die Tour, im Almanach als germanischer High Score – Bezwinger eingraviert zu werden.          

 

Aufstellung: Malik, C. Azevedo, Opper (46. Güclüdal), Al Hadid (46. Macalin), Kalai, Aldibo, Obanaamar, S. Neziraj, Ibo, Ariif (40. Abdirahman), M. Azevedo 

Tore: 1:0 Root 5. 2:0 Kunz 14. 3:0 Root 17. 4:0 Eigentor Opper 22. 5:0 Torino 27. 6:0, 7:0 Root 29., 30. 8:0 Rogler 36. 9:0, 10:0, 11:0 Root 44., 46., 50. 12:0 Ebers 67. 13:0 Benchakchakh 71. 13:1 M. Azevedo 85.

Schiedsrichter: Gerold Presl (benötigte im fairen Nachbarschaftsderby keine Karten) 

 

Weitaus mehr Spannung erlebten die (dank vielen 98er-Supportern) relativ zahlreichen Zuschauer beim Kreisliga C – Duell zwischen der Lilien-Fanmannschaft und der germanischen Zweitabteilung. Zwar trat der RSV nominell auswärts an, durfte aber aufgrund des Heimstatus von Co-Hausherr SV98 II am Grünen Steg auflaufen. Nach einem packenden Schlagabtausch endete der blau-weiße Vergleich 5:5. Dadurch grüßen die Lilien wie ihre Profikameraden in Liga Zwei vom Platz an der Sonne, während der RSV einen wichtigen Punkt für den Klassenerhalt ergatterte.

   

Die germanische Sehnsuchtsjagd nach Punkten und Toren geht am Sonntag (23.10.) mit einer heimischen Doppelveranstaltung in die nächste Runde. Um 12Uhr30 empfängt das Kreisliga C – Team den benachbarten „Vornamensvetter“ Germania Eberstadt II. Drei Stunden später (15.30) ertönt der Anpfiff zum Kreisliga A – Duell, zu dem sich TSG Wixhausen die Ehre am Grünen Steg erweist. Für den Rasensportverein ist es der Auftakt einer überaus schweren englischen Woche, denn die drei kommenden Opponenten sind allesamt in der oberen Tabellenhälfte beheimatet.